Kommentar der Jury: Die Schülerin hat ein Leporello in quadratischer Form gewählt und somit die Möglichkeit ergriffen, viele Facetten des Themas in spielerischer Weise mit unterschiedlichen künstlerischen Mitteln unter Einbeziehung von Text/Schriftbild in zahlreichen Bildern in Folge zu zeigen. Der inhaltliche Rahmen wird vom äußeren Erscheinungsbild der Frau über das Objekt der Begierde, den christlichen und historischen Bezug bis hin zu den alltäglichen Aufgaben der Frau gespannt. Dem Mann wird eine kurze Charakterisierung gewidmet.
Letztlich wird der Betrachter zu keiner allgemeingültigen Lösung der Gegensätze „Frau – Mann“ geführt, sondern Mann und Frau werden als gleichwertige Menschen und Kommunikationspartner gewertet – ein Tatbestand, der vom individuellen zum partnerschaftlichen Ansatz führt und diesen letztendlich zum gesellschaftlichen wie globalen Aspekt erweitert. Mit dem Tenor: „Zum Folgen gehört genauso viel Stärke wie zum Führen“ wird der Betrachter zu einem besinnlichen Ende des Buches geführt.
Diese Arbeit weist eine Vielzahl künstlerischer Techniken und gleichzeitig einen souveränen Umgang mit den Möglichkeiten der Bildsprache auf.
Sie setzt die zarte Linie der Federzeichnung ein, akzentuiert sparsam, aber wirksam mit Aquarellfarben und versteht es in lockerer Abfolge, gerissene oder ausgeschnittene Teile von Alltagsgegenständen als Facetten in Montageform zu integrieren, so dass sie tatsächlich als bildnerische Mittel farblich oder auch mit der Form ihre Wirkung entfalten.
Die Seite lebt jeweils von der spannungsreichen Aufteilung der Fläche, sei es durch zeichnerische, malerische oder montierte Schwerpunkte – auch Bildzitate – häufig in geschickter Kombination mit handgeschriebenem Text, der ebenfalls ein „Schriftbild“ ergibt. Geschickt setzt sie den Wechsel von der „Bildsprache“ zur „Textsprache“ ein. Darüber hinaus überrascht den Betrachter z.B. ein eingeschnittener Durchblick von einer Seite auf die nächste oder ein „Fenster“, das den Gedanken auf eine neue Textaussage lenkt, wenn man es öffnet und somit ein neues Assoziationsfeld freigibt.
Die Jury hat für die Arbeit von Franziska Bigl den ersten Preis vergeben, da es sich um eine außerordentliche Leistung auf einem hohen bildkünstlerischen Niveau handelt.