Liebe Leserinnen und Leser,
hunderttausende Flüchtlinge suchen derzeit Schutz in Europa. Über viele Jahre hat die Europäische Union Krisen und Kriege in ihrer Nachbarschaft weitgehend tatenlos zur Kenntnis genommen und sich darauf verlassen, dass die Anrainerstaaten und die EU-Mitgliedstaaten an den Außengrenzen die Flüchtlinge aufnehmen. Doch die Lebensbedingungen in den improvisierten und unterfinanzierten Flüchtlingscamps im Nahen Osten und in Nordafrika sind derart prekär, dass vor Krieg und Gewalt flüchtende Menschen sich nicht mehr von lebensgefährlichen Überfahrten über das Mittelmeer oder Grenzkontrollen zurückhalten lassen. Sie kommen nun zu uns – und wir stehen plötzlich vor großen Herausforderungen.
Die Versorgung und Integration der Flüchtlinge ist eine immense Aufgabe – doch die Hilfsbereitschaft in der Gesellschaft ist ebenso groß. Noch ist ungewiss, wie viele Flüchtlinge tatsächlich als Einwanderer dauerhaft bleiben werden, in jedem Fall kommen auf Staat und Gesellschaft gewaltige Aufgaben zu. Für die erfolgreiche Integration der Neu-Bürger sind Schulen und Lehrkräfte zentrale Akteure. Zehntausende Kinder und Jugendliche, meist ohne jegliche Deutschkenntnisse, gilt es in den kommenden Monaten im Schulalltag willkommen zu heißen. Händeringend wird nach geeigneten Unterrichtskonzepten und Lehrkräften gesucht, es werden sogar Forderungen laut, das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern im Bildungsbereich aufzuheben.
Die deutschen Bürgerinnen und Bürger waren es, die die Politik an Werte wie Solidarität, Hilfsbereitschaft und Menschenrechte erinnert haben. Auch beim 62. Europäischen Wettbewerb „Europa hilft – hilft Europa?“ haben deutsche Schülerinnen und Schüler eindrucksvoll gezeigt, was sie von Deutschland und Europa in der Flüchtlingskrise erwarten. Ihre Arbeiten haben viel Gehör gefunden – zum Beispiel in Ausstellungen, im Fernsehen, auf dem Tag der Talente und im Bundestag.
In diesem Newsletter finden Sie – neben vielen anderen Ideen für eine kreative Europabildung – Anregungen für Lehrkräfte und ihre Schulklassen zum Umgang mit der aktuellen Flüchtlingskrise.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Strasser
Festung Europa – Refugees welcome!
Der Europäische Wettbewerb bringt aktuelle europäische Themen in die Klassenzimmer und ist nicht selten sogar der Zeit voraus. Bereits im vergangenen Schuljahr 2014/15 waren die Schülerinnen und Schüler unter anderem dazu aufgefordert, sich mit dem Thema wachsender Fluchtbewegungen nach Europa auseinander zu setzen. Die Resonanz darauf war deutlich stärker als bei den anderen Aufgaben – sowohl quantitativ als auch inhaltlich, aus fast allen Beiträgen sprach ein hohes Maß an Engagement und Mitgefühl.
Wienke Jensen schrieb und malte ein Kinderbuch über eine Fluchtgeschichte aus Afghanistan, sie wurde dafür im Schleswig-Holstein-Magazin des NDR portraitiert, zum Tag der Talente und in den Bundestag eingeladen. Im Bundestag lernte sie Jamshed Mutahidi und Enes Salifoskiaus kennen. Die beiden hatten Jamsheds Geschichte, der als 17jähriger allein aus Afghanistan nach Deutschland floh, als Rapsong eingereicht – sie brachte die Teilnahme am Europäischen Wettbewerb ins TV-Programm des WDR.
Wienke, Jamshed, Enes und viele andere Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Europäischen Wettbewerbs haben vorgemacht, wie man junge Menschen auf kreative Weise über das Thema Flucht und Asyl informieren und sie zur eigenen Auseinandersetzung anregen kann. Viele weitere Impulse und Unterrichtsmaterialien haben die UNO und die Bundeszentrale für politische Bildung zusammen gestellt. Letztere bemüht sich zudem darum, einen Wissenspool für die vielen neuen Willkommensklassen aufzubauen – Feedback von Lehrkräften dringend erwünscht! Auch das Mercator Institut hat kürzlich eine sehr informative neue Studie vorgestellt zu neu zugewanderten Kindern und Jugendlichen im deutschen Schulsystem.
Gemeinsam in Frieden leben
Auch im laufenden Schuljahr greift der Europäische Wettbewerb Themen auf, die die Lebenswirklichkeit deutscher Kinder und Jugendlicher und zugleich die europäische Politik betreffen. Angesichts allgegenwärtiger politischer Krisenherde fordert er „Gemeinsam in Frieden leben!“ und motiviert zu kreativer Auseinandersetzung mit Gewalt gegen Frauen und Mädchen, der Wertschätzung von Vielfalt, mit (Cyber-)Mobbing, dem Eintreten für Schwächere und mit Zivilcourage. Der Europäische Wettbewerb unterstützt somit Schulen und Lehrkräfte dabei, die Flüchtlingskrise theoretisch, praktisch und altersgerecht zu vermitteln und die Integration der Flüchtlinge zu realisieren.
Im Arbeitshilfenportal des Europäischen Wettbewerbs sind vielfältige Materialien für die Behandlung der Wettbewerbsthemen im Unterricht zusammengestellt. Zudem startet im Oktober in den deutschen Kinos eine Dokumentation über Malala Yousafzai, deren mutiger Kampf für Bildung und Gleichberechtigung Grundlage für eine Aufgabe des 63. Europäischen Wettbewerbs ist.
Europa in der Schule
Europa ist nur begrenzt theoretisch vermittelbar, am besten versteht man den Mehrwert der europäischen Integration durch echte interkulturelle Begegnungen. Zum Glück gibt es zahlreiche Angebote für Schulen, Lehrkräfte und Schüler/innen, über den deutschen Tellerrand hinaus zu schauen.
kulturweit ist der internationale Jugendfreiwilligendienst im Bereich der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik. Seit 2009 bietet kulturweit jungen Menschen im Alter von 18 bis 26 Jahren die Mög-lichkeit, sich für sechs oder zwölf Monate im Ausland für kulturelle oder Bildungsprojekte zu engagieren. Wer selbst nicht reisen mag, kann Europa auch zu sich nach Hause einladen. Das Programm Europa macht Schule bringt Studierende aus dem europäischen Ausland in deutsche Schulen. Sie führen mit den Schülerinnen und Schülern interkulturelle Projekte durch.
Auch der Europäische Wettbewerb eignet sich für die interkulturelle Projektarbeit. Weltweit gibt es etwa 140 deutsche Schulen im Ausland, diese können regulär am Europäischen Wettbewerb teilnehmen – gern auch in Zusammenarbeit mit Schulen in Deutschland. Für die internationale Zusammenarbeit eignet sich besonders eTwinning. Seit der 63. Runde dürfen alle Aufgaben des Europäischen Wettbewerbs über eTwinning bearbeitet werden – eine tolle Möglichkeit, etwas über Europa, andere Kulturen, Fremdsprachen und soziale Medien zu lernen.
Ausschreibungen & Veranstaltungen
Wer glaubt, die Politiker in Brüssel seien unfähig, dem sei dringend geraten, sich mal selbst in deren Rolle zu begeben. Es ist nämlich gar nicht so einfach, sowohl die Positionen der Fraktion als auch die Interessen des Mitgliedslandes zu vertreten – und sich dann auch noch mit den anderen Abgeordneten zu einigen. Genau diese Erfahrung bietet ein Planspiel der Jungen Europäischen Bewegung deutschen Schüler/innen. Die SIMEP (Simulation Europäisches Parlament) findet statt am 8./9.11. und am 12./13.12.2015 in Berlin. Prominente Gastredner wie Wolfgang Schäuble und Martin Schulz erwarten die Jugendlichen – und es sind noch einige Plätze frei, also schnell anmelden unter www.simep.eu.
Die Europeers sind junge Leute, die spannende Erfahrungen im europäischen Ausland gemacht haben und diese an Schüler/innen weitergeben. Sie besuchen Schulen und gestalten dort Unterrichtsstunden, Ausstellungen oder Workshops. Für ihren Einsatz werden sie nun mit der Europalilie für europäische Jugendarbeit der Europa Union ausgezeichnet. Zu Recht!
Noch gesucht wird der oder die Preisträger/in für die Auszeichnung „Junge/r Europäer/in“ der Schwarzkopf-Stiftung. Voraussetzung für die Nominierung ist ein herausragender ehrenamtlicher Einsatz für die Verständigung zwischen den Völkern und die europäische Integration. 5.000 Euro winken dem oder der Gewinner/in, damit soll ein halbjähriges Praktikum bei einem Mitglied des Europäischen Parlamentes oder ein Projekt finanziert werden.
Die Schwarzkopf Stiftung bietet im laufenden Schuljahr zusätzlich zu den normalen „Europa verstehen“ – Kursen auch kostenlose Vertiefungskurse zur Asyl- und Flüchtlingspolitik der EU speziell für Oberstufenschüler in Sachsen an. Wir empfehlen: Chance nutzen!
Eher an erwachsene Bildungsakteure richtet sich der Bundeskongress des Europäischen Bundes für Bildung und Wissenschaft EBB-AEDE e.V., der vom 18. bis 22. November 2015 in Düsseldorf stattfindet. Unter dem Motto „Europäische Bürger bilden – kreativ, innovativ, inklusiv“ können die Teilnehmenden zahlreichen Referent/innen zuhören und ein vielfältiges Workshopangebot zu Themen wie Ersmus+, europäische Asylpolitik oder Planspiele für Schüler/innen nutzen. Zur Anmeldung.
Impressum
Der nächste Newsletter Europa in der Schule erscheint im Januar 2016. Bis dahin können Sie uns über Facebook und Twitter folgen!
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